Umgeben von Kutschen
Wir fahren die gefühlt endlose Bundesstraße in Richtung Rasnov, hinter uns die Karpaten und an der linken Seite das Königssteingebirge. Aus den Lautsprechern des Autos hören wir einen rumänischen Radiosender, ums uns herum weite Wiesen, auf denen mal Pferde, mal Kühle oder Schafherden weiden.
Nachdem wir drei Tage gearbeitet haben und am Wochenende auch arbeiten werden, besuchten Annika und ich gestern die 25 km entfernte Stadt Brașov. Der Weg dorthin führte uns vorbei an riesigen Weideflächen, abgelegenen Häusern und kleinen Städtchen. Nachdem wir sechs Kilometer vom Fackelträgerzentrum in Richtung Zivilisation gefahren waren, trafen wir auf ein altes Ehepaar - auf einer Kutsche. Wir fuhren langsam hinter ihnen her und hielten hinter ihnen an der Kreuzung, als plötzlich von rechts noch eine Kutsche angefahren kam, wir ließen sie passieren und fuhren dann in die selbe Richtung wie sie, als wir in einiger Entfernung erneut eine Kutsche auf uns zufahren sahen.
Wir befinden uns im 21. Jahrhundert, Europa, und auf einmal sind um dich herum mehr Kutschen als Autos. Der Ausflug gestern in die Altstadt von Brașov war wunderschön, gleichzeitig stiegen in mir aber oft bedrückte Gefühle auf. In Momenten, in denen du aus einem Laden mit einer Tasche in der Hand läufst und dir kleine Kinder entgegen kommen, die dir Plastikblumen verkaufen möchten, um sich und ihrer Familie Einkommen für das Nötigste zu finanzieren, und du nicht recht weißt wie du reagieren sollst. Hin und her gerissen wie du ihnen so lieb wie möglich antwortest, und dabei in ihre leere Augen schaust, in einen Blick, der eigentlich schon weiß, dass du nichts kaufen wirst. Gefühlt möchtest du ihnen den ganzen Strauß auf einmal abkaufen, aber es läuft daraus hinaus, dass du leise "Nu, multumesc" antwortest, überfordert mit dieser neuen Situation. Wir sind an sehr alten und kaputten Häusern vorbei gelaufen - Häusern, hinter denen sich wahrscheinlich eine unglaublich alte Geschichte verbirgt und sind so vielen unterschiedlichen Menschen begegnet.
Ich hoffe, dass ich lernen kann, immer mehr für das dankbar zu sein, was ich besitze, und gleichzeitig mir das Leben der anderen Menschen nicht gleichgültig wird und ich Verständnis für ihre Lebenssituation entwickle. Das Leben vieler Menschen hier, spielt sich mit einem Einkommen ab, das wir uns in Deutschland nicht annähernd vorstellen können. Lasst und so dankbar dafür sein, dass Gott uns in das Leben gesetzt hat, dass wir leben, und wir genug zu Essen und zu trinken haben. Besitz im Überfluss. Wir haben so viel. Was uns davon entfernt, unser Reichtum an Segnungen zu sehen, ist lediglich die Blickrichtung. Es sind unsere Augen, die das Licht in unsere Seele lassen, lasst uns unsere Augen öffnen und die Schönheit und das Glück, das uns umgibt, sehen. Es ist nicht verständlich, absolut nicht. es ist ein Geschenk.
Seid gesegnet,
Sheila
Schatz ich werde wohl jedesmal das gleiche Schreiben, wundervoll geschrieben 😘
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